Chitarra aus den Abruzzen: In diesem Pastawerkzeug steckt Musik.
20. Januar 2025 •
4 Minuten Lesedauer
In ländlichen Haushalten der Abruzzen war sie eine einfache und effektive Methode, um aus Mehl und Eiern nahrhafte Pasta zu zaubern. Ganz ohne Strom.
Themen in diesem Beitrag:
Tradition und Handwerk
Italien ist berühmt für seine kulinarischen Schätze, und nirgendwo zeigt sich die Liebe zum Essen so deutlich wie in der Kunst der Pastaherstellung. Ein beinahe magisches Werkzeug, das diese Leidenschaft zum Leben erweckt, ist die Chitarra – ein hölzerner Pastaschneider aus den Abruzzen, der mit feinen Drähten bespannt ist. Mit seiner Hilfe entstehen Spaghetti alla Chitarra, eine Nudelsorte mit quadratischem Querschnitt und angenehm rauer Oberfläche, an der jede Sauce perfekt haftet. Sobald man diese traditionelle Vorrichtung in Händen hält, fühlt man sich direkt in eine rustikale italienische Küche versetzt, in der der Duft von frisch geknetetem Teig und das Lachen geselliger Kochrunden den Raum erfüllen.
Abruzzen: Heimat der Chitarra
Die Abruzzen, eingebettet zwischen den majestätischen Bergen des Apennin und der Adriaküste, bestechen durch ihre wilde Schönheit und eine tiefe Verbundenheit zur heimischen Küche. Dort ist Hausmannskost noch ein wichtiger Bestandteil des alltäglichen Lebens, und so wundert es nicht, dass sich die Chitarra seit Generationen bewährt.
Geschichte und Herkunft
Der Name „Chitarra“ – italienisch für „Gitarre“ – rührt von ihrer äußeren Form her. Auf einem rechteckigen Holzrahmen sind straff gespannte Metalldrähte angebracht, die beim Schneiden des Pastateigs an den Klang eines Musikinstruments erinnern. Erste schriftliche Hinweise auf die Chitarra datieren ins 19. Jahrhundert. In ländlichen Haushalten der Abruzzen war sie eine einfache und effektive Methode, um aus Mehl und Eiern nahrhafte Pasta zu zaubern.
Das Gerät im Detail
Obwohl die Chitarra auf den ersten Blick simpel wirkt, steckt in ihrer Fertigung viel Feingefühl. Der Holzrahmen, meist aus unbehandeltem Holz, liegt stabil auf der Arbeitsfläche, während die Drähte sorgfältig gespannt sind, um die Pasta perfekt zu schneiden. Nach dem Gebrauch reicht es, sie mit einem feuchten Tuch zu reinigen und gut trocknen zu lassen. Wer die Drähte gelegentlich nachspannt, erhält sich die präzise Schneidleistung für lange Zeit.
Praktische Anleitung: So funktioniert es
- Pastateig vorbereiten: Vermische 300 g Hartweizengrieß (oder Mehl) mit 3 Eiern und knete alles zu einem festen Teig. Lasse den Teig anschließend etwa 30 Minuten ruhen.
- Teig ausrollen: Rolle den Teig mit einem Nudelholz oder einer Pastamaschine auf eine Dicke von etwa 3 mm aus.
- Auf die Chitarra legen: Lege den ausgerollten Teig vorsichtig auf die gespannte Drahtfläche.
- Mit dem Nudelholz schneiden: Rolle mit leichtem Druck über den Teig, bis die Nudeln durch die Drähte fallen.
- Trocknen lassen: Bestäube die frisch geschnittenen Spaghetti etwas mit Mehl und lege sie auf ein sauberes Tuch, damit sie nicht verkleben.

Rezeptidee: Spaghetti alla Chitarra mit Tomatensauce
Zutaten
– 300 g Mehl (Hartweizengrieß)
– 3 Eier
– 400 g passierte Tomaten
– 2 Knoblauchzehen
– 50 g Pecorino
– Olivenöl, Salz, Pfeffer
- Teig herstellen: Knete aus Mehl und Eiern einen glatten Teig und lasse ihn 30 Minuten ruhen.
- Spaghetti schneiden: Verarbeite den Teig mit der Chitarra zu Spaghetti.
- Sauce zubereiten: Schäle und zerdrücke den Knoblauch, schwitze ihn in Olivenöl an und gib die passierten Tomaten hinzu. Lasse die Sauce ca. 20 Minuten köcheln.
- Abschmecken: Würze mit Salz, Pfeffer und geriebenem Pecorino.
- Finalisieren: Koche die Spaghetti in Salzwasser, gieße sie ab und mische sie vorsichtig mit der Sauce.
Tipps und Variationen
Wer gerne experimentiert, kann den Teig auch mit Dinkel- oder Vollkornmehl zubereiten, um verschiedene Geschmacksnuancen zu entdecken. Saucenseitig eignen sich sowohl kräftige Ragù-Variationen als auch leichte Pesto-Varianten – Spaghetti alla Chitarra sind echte Allrounder. Da frische Nudeln generell schneller garen als getrocknete, empfiehlt es sich, sie frühzeitig zu kosten, damit sie „al dente“ bleiben. In der Hauptstadt der Abruzzen, L’Aquila, wird außerdem Safran angebaut, der dort oft in Pastagerichten verwendet wird und eine besonders feine Note verleiht.
Warum eine Chitarra verwenden?
Die Chitarra verkörpert italienische Kochtradition in Reinform. Ohne Strom und komplexe Technik konzentriert man sich ganz auf das Wesentliche: das Kneten des Teigs, das Ausrollen und das charakteristische Klingen der Saiten unter der hölzernen Walze. Die Nudeln erhalten durch ihren quadratischen Querschnitt eine besondere Textur, an der jede Sauce bestens haftet. Außerdem vermittelt die Handarbeit ein unverwechselbares Gefühl von Ursprünglichkeit und Verbundenheit mit der kulinarischen Geschichte Italiens.
Die Chitarra ist mehr als nur ein Küchenutensil – sie ist ein lebendiges Stück italienischer Kultur. Wer sie benutzt, spürt unmittelbar die Verbindung zu einer langen Tradition und erfährt die Freude an echter Handarbeit. Vom Kneten des Teigs bis zum leicht hörbaren Schnitt durch die Drähte entsteht ein unvergleichlicher Genussprozess, der sich im Geschmack der fertigen Spaghetti alla Chitarra widerspiegelt. Buon Appetito!